Notes on Blindness


  • Publisher: ARTE France
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
  • Plattform: Oculus Rift, Quest, Quest 2, Go
  • Geeignet für: Sekundarstufe
  • Thema: Inklusion

Kurzzusammenfassung
Didaktischer Kommentar
Kurzzusammenfassung

Dürften viele Menschen bei der Aussage „Wenn es donnert und windet, ist es ein schöner und spannender Tag für mich“ skeptisch werden, bietet Notes on Blindness eine anschauliche Erklärung für dieses Verständnis eines schönen Tags.

Das Spiel, basierend auf den Audioaufnahmen des ehemaligen Autors John M. Hull – welcher 1983 vollständig erblindete –, versetzt die Lernenden in die imaginäre Perspektive eines blinden Menschen und ermöglicht in insgesamt sechs Kapiteln einen Einblick in ein Leben ohne visuelle Wahrnehmungen.

Wird im ersten Kapitel „Akustischer Raum“ die vielfältige und z.T. wirre Geräuschkulisse eines normalen Freizeitparks dargestellt, erhalten die Lernenden im zweiten Kapitel „Den Wind fühlen“ die Möglichkeit, die Bedeutung der anfänglichen Aussage über einen schönen Tag zu verstehen. Einen weniger schönen Tage wiederum bietet das dritte Kapitel „Über Panik“, in dem der Erzähler über die Orientierungslosigkeit bei windigem Schneewetter berichtet. Dass dieser teils schmerzhafte Verlust der visuellen Wahrnehmung jedoch auch eine Schärfung der vor allem auditiven Wahrnehmung darstellt, zeigt das Kapitel „der Chor“ auf, indem das intensive und aus Sicht des Erzählenden überwältigende Erlebnis eines Chor-Auftrittes beschrieben wird. Im Kapitel zuvor, „Erkenntnis ist schön“, wird außerdem die Bedeutung von Regen thematisiert: Durch das Niederprasseln auf Gegenstände werden diese erst für blinde Menschen wahrnehmbar.

Ein kleines Resümee wird im letzten Kapitel „Epilog“ gezogen, in dem der Erzähler über sein bisheriges Leben mit der  Beeinträchtigung nachdenkt und auch auf die Frage, ob er retrospektiv die visuelle Wahrnehmung in Bezug auf bspw. seine Familie vermisst, eine ermutigende Antwort gibt.

Didaktischer Kommentar

Notes on Blindness gewährt einen erkenntnisreichen und gefühlvollen Einblick in das Leben von Menschen mit Sehbeeinträchtigung.

Durch eine behutsame Einführung in die zunächst schwarze Welt, in der nach und nach verschiedene Geräusche und Stimmen durch den Erzähler vorgestellt werden, wird eine angenehme Eingewöhnung ermöglicht. Diese Vorgehensweise wird auch in den weiteren Kapiteln beibehalten, was ein authentisches Erleben garantiert: Ein vorbereitendes und absicherndes visuelles Abtasten neuer Räumlichkeiten bleibt Menschen mit einer Sehbeeinträchtigung nun mal vorenthalten, was auch zu Problemen wie im Kapitel „Über Panik“ führen kann. Dass das nicht zwingend zu einer täglichen Melancholie führen muss, beweist der Erzähler auf eindrucksvolle Art und Weise: Mit einer detaillierten Akribie seziert er seinen Alltag und seine tagtägliche Wahrnehmung und gestaltet die neue Erkundung seiner Umwelt in ein für die Lernenden spannendes Abenteuer mit teilweise philosophischem Charakter. Aus einem gewöhnlichen Regenwetter mit Donner wird ein Begreifen der räumlichen Grenzen der Welt; aus einem Chor, von manch anderen womöglich als weniger spannend empfunden, wird eine aufregende und ästhetische Geräuschkulisse, die vom Erzähler und womöglich auch von den Lernenden genossen wird.

So ist auch das Fazit im letzten Kapitel „Epilog“ nur logisch: Auf die Frage, ob der Erzähler nicht die visuelle Wahrnehmung beim Aufwachsen seiner Kinder vermisst hätte oder er sie nicht vielleicht dadurch noch besser kennen würde, antwortet dieser, dass  zwar vergangene visuelle Erinnerungen schmerzen würden. Das Aufwachsen seiner Kinder habe aber eben durch viele Gespräche und Zuhören stattgefunden; nicht das Sehen macht einen Menschen aus, sondern das Lieben. In Anbetracht aktueller gesellschaftlicher Debatten sicherlich keine abwegige Vorgehensweise und ein konstruktives Verständnis zwischenmenschlicher Beziehungen. So kann die Anwendung als ein aufklärender Beitrag zum Umgang mit Blindheit gesehen werden, der den Blick darauf nicht auf eine rein defizitorientierte Sichtweise beschränkt.

Auf sprachlicher Ebene wird der poetische Charakter des Autors deutlich, weshalb für die Umgehung sprachlicher Barrieren ggf. manche Begrifflichkeiten erklärt werden müssen. Neben der englischen Originalfassung kann beim Start der Anwendung auch die deutsche Alternative ausgewählt werden.