Kurzzusammenfassung
Didaktischer Kommentar
Spielbesprechung im Video
Kurzzusammenfassung

Egal ob mit dem Fahrrad, dem Auto, zu Fuß, in einer idyllischen Kleinstadt oder einer vielbelebten City – jede*r kennt die typischen Konflikte rund um die Nutzung von Straßen, Flächen und Siedlungsstreifen: Manche wollen lieber bequem mit dem eigenen Auto vor der Haustüre parken und ihre Einkäufe ausladen können, andere wollen breitere Fahrradwege, um sich im Straßenverkehr sicherer zu fühlen, wieder andere wollen lieber gar keine Fahrzeuge vor Geschäften und Wohnhäusern, damit die in der Nähe wohnenden Kinder in Ruhe spielen können. Dennoch bleibt das Thema „Raumnutzungskonflikt“ insbesondere für junge Schüler*innen oftmals noch zu abstrakt. Das 2022 mit dem Deutschen Computerspielpreis prämierte Point-and-Click-Adventure Ezra (Kategorie Serious Game) liefert daher einen Anhaltspunkt, wie ein Raumnutzungskonflikt interaktiv selbst entdeckt und verschiedene Meinungen erkundend im Unterricht herausgearbeitet werden können.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht die namensgebende Protagonistin Ezra. Diese ist über die Sommerferien bei ihrem Großvater zu Besuch, der ihr eines Tages ganz aufgeregt erzählt, dass er in einem Chat gelesen habe, dass in der ganzen Stadt Autos und Busse verboten werden sollen! Ezra kann dies gar nicht glauben und macht sich in der Stadt auf die Suche nach weiteren Informationen. Schnell findet sie heraus, dass es gar nicht um ein Verbot in der ganzen Stadt geht, sondern lediglich in einem Straßenzug – der Birkenallee – darüber diskutiert wird, ob, und wenn ja, wie Autos verboten werden könnten. Die Anwohner*innen und Stadtbewohner*innen sind sich jedoch überhaupt nicht einig über die Nutzung der Straße – allen voran die Bandmitglieder von More Directions, die Ezra und ihre Freunde Jenny und Felix über alles lieben. Es droht die Bandauflösung, da sich die Bandmitglieder wegen der Straßennutzung zerstritten haben. Um den Konflikt zu lösen und More Directions vor der Auflösung zu bewahren, begibt sich Ezra auf die Suche nach einer Lösung, holt die Meinungen verschiedener Personen ein und versucht zum Ende gemeinsam mit der Politik eine Lösung zu finden.

Didaktischer Kommentar

Das Spiel Ezra eignet sich aufgrund seines Themenschwerpunkts ideal für den Einsatz im Fach Gesellschaftslehre/Gemeinschaftskunde/Politik sowie im Geographieunterricht der fünften und sechsten Klasse. Anhand des thematischen Settings des Spiels steht ein Raumnutzungskonflikt im Mittelpunkt, den die Schüler*innen spielerisch erschließen und kleinschrittig einzelne Position und die dahinterstehenden Argumentationsstrukturen herausarbeiten können. Damit fördert Ezra nicht nur die Fähigkeiten der Lernenden rund um das Kompetenzfeld „Politisches Erschließen“, sondern auch zentrale Inhalte des Themenbereichs „Demokratie und Meinungsbildung“.

Besonders interessant ist dabei der Spielaufbau von Ezra: Die drei aufeinander aufbauenden Kapitel, in denen die Geschichte von Ezra der Birkenallee und More Directions erzählt wird, folgt den Phasen des politischen Zyklus. Dieser liegt allen politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen zugrunde und stellt eines der zentralen Referenzmodelle des Politikunterrichts dar. In der ersten Phase wird ein Problem beschrieben, in der zweiten verschiedene Meinungen eingeholt, in der dritten eine Lösung erarbeitet, die abschließend in der vierten Phase reflektiert wird. Jedes der Kapitel folgt einer spezifischen Phase: Im ersten Kapitel wird das Problem des Raumnutzungskonflikts vorgestellt, im zweiten Kapitel gehen die Spieler*innen mit Ezra auf die Suche nach unterschiedlichen Meinungen und Lösungen, während im dritten Kapitel eine gefundene Lösung umgesetzt und Reflexionsprozesse dazu angestoßen werden.

Durch die Orientierung an diesem grundlegenden Prinzip erhalten bereits junge Schüler*innen, die noch keine Erfahrungen im Bereich der politischen Entscheidungsfindung sammeln konnten, eine erste Orientierung hinsichtlich des grundlegenden und lebensweltlich relevanten Ablaufs. Durch die Einbettung im Rahmen eines Spiels müssen sie diesen jedoch nicht ausschließlich theoretisch erarbeiten, sondern entdecken die Phasen induktiv während des Spielens selbst, indem sie die Problemlage herausarbeiten, die verschiedenen Meinungen zum bestehenden Raumnutzungskonflikt sammeln und anschließend gestützt eine Lösung erarbeiten.

Die Einbettung im Unterricht ist bei Ezra besonders niedrigschwellig: Bei dem Spiel handelt es sich um ein Browsergame, das auf jedem Smartphone, Tablet, Laptop oder Computer gespielt werden kann. Mithilfe einer Passwortliste können Lehrkräfte Ihre Schüler*innen von einem Level in ein anderes navigieren, sodass nicht jede Stunde aufs Neue mit dem Spiel begonnen werden muss, sondern auch ohne Speicherstände zum letzten Spielstand gesprungen werden kann.

Für das Spiel liegt eine dreistündige Unterrichtseinheit in Form einer spielbegleitenden Broschüre vor (Boelmann/König unter Mitarbeit von Ditze 2021), die über die Website des Entwicklerstudios heruntergeladen werden kann. Diese besteht aus Verlaufsplänen für die jeweilige Unterrichtsstunde sowie aus differenziertem Unterrichtsmaterial inkl. didaktischen Kommentaren: http://www.kijufi.de/projekte-ansicht/ezra/

Darüber hinaus findet sich ein Bericht über die Entwicklung des Spiels gemeinsam mit acht Jugendlichen im offiziellen Blog: https://ezra2019home.wordpress.com/

Spielbesprechung im Video